Reiseroute: Montevideo – Colonia Sacramento – Canelones -Atlantida - Paraiso Suizo – Minas – Laguna de los Cuervos - Punta del Este – Laguna la Rocha – NP Santa Teresa – Trenta y Tres – NP Quebrada de los Cuervos – Melo – Rio Branco (Grenze Uruguay – Brasilien)
Gefahrene
Strecke: 1515 km
Hola, was ist denn das für ein Geschrei da draussen? Verschlafen reiben wir uns die Augen und schauen aus unserem Durofenster. Aha, es ist der Ruf der Cheyenneschnepfe die ruft: Los aufstehen ihr Schlafmützen, oder wollt ihr den ersten Tag an Land gleich verschlafen!
Und tatsächlich es lohnt sich: der Sonnenaufgang spiegelt sich rotorange in den Fenstern von Montevideos Hochhäusern. Also nichts wie los.
Wir verbschieden
uns von unseren Mitreisenden und verlassen unseren Nachtplatz am Leuchtturm in Begleitung von Angelika und Peter mit Ziel Colonia del Sacramento.
Diesen kleinen Abstecher von 203 km führt uns über Nueva Helvetica, fast ein Muss für Helvetier!
Das Dorf 1862 von schweizerischen Einwanderern, aber auch von jenen mit deutscher,
österreichischer und französischer Herkunft gegründet, begrüsst uns Besucher mit einem wundervoll aus Holz gestalteten Eingangstor. Gepflegte Vorgärten, blumengeschmückte Beete zwischen gut
präparierten grünen Rasenflächen und schön akkurat gestaltete Häuser lassen keinen Zweifel wer die Vorfahren waren. Ebenso die lustigen Wegweiser die lauten: zurich, tessin, suiza, erwin holdel,
federico fischer und ähnliche.
Die blecherne
Tanne mit dem Käse in der Mitte und deren 26 Kantonswappen der Schweizer Eidgenossenschaft in der Dorfmitte zu finden, ist das einzig Schweizerische auf das wir treffen. Keiner spricht mehr
Deutsch oder Schwyzerdütsch, auch nicht die nette Dame an der Käsetheke im Lädeli. Wegen dem sind wir nämlich hier; wegen dem Käse, nicht wegen dem Dütsch! Schön löchrig ist er, der Käse und
mundet hervorragend. Wir kaufen gleich einen grossen Mocken, fast ein Kilo wiegt er und kostet nur 180 Pesos, was soviel wie 6 Franken 10 ist.
Schon bei unserer Ankunft in Montevideo sind sie uns aufgefallen. Die kleinen putzigen
grünen Kerlchen. Auch hier beim Rastplatz beobachten wir die kleinen grünen Papageien mit ihren hellbeige gefärbten Köpfchen beim Nestbau. Vielstöckige Mehrfamilienhäuser werden gemeinsam
angelegt und gebaut. Emsig fliegen sie Ästchen hoch und kommentieren lautstark ihren Fundus. Schnell mal nachsehn wie’s bei Frau Nachbarin aussieht. Huch, das war die falsche Nesttür, bloss raus
hier und noch eine Runde Freiflug!
Colonia del Sacramento erreichen wir gegen späten Nachmittag. Es ist Sonntag und ruhig in den Strassen. Cafés und Glacébuden laden zum Verweilen ein. Selbst die Urugayos flanieren, mit
Ihren Matetee-Behältern und der Thermoskanne heissem Wasser im Arm, entlang den Schaufenstern und spendieren Ihrer Liebsten ein Eis. Die gut erhaltene Altstadt, zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt, hat unser Interesse geweckt. Klopfstein gepflasterte kleine Gassen,
einstöckige schön restaurierte Gebäude, kleine gepflegte Beizli geben dem alten Stadtteil einen besonderen, pituresken Charme. Insbesondere man sich durch die vor den Restaurants stehenden
Oldtimern in ein anderes Zeitalter versetzt fühlt. Der Fantasie für deren Nutzung sind anscheinend keine Grenzen gesetzt. So wird ein alter Ford einfach in einen Speise-Salon für ein Diner à deux
oder in einen überdimensionierten Blumentopf umfunktioniert.
Hoch oben, von der Aussichtsplatform des Leuchtturms werfen wir einen Blick über den Rio de la
Plata und beobachten die Bukebus-Fähre, welche mit viel PS und rasanter Geschwindigkeit nach Buenos Aires flitzt. Noch ist dies nicht unser Ziel.
Wir übernachten unmittelbar beim alten Jachthafen vor dem Restaurant Santa Rita und dem El Torreon. Rasant färbt sich der ganze Himmel über dem Meer blutrot. Angeregt diskutierend erhält so das sowieso schon stimmungsvolle gemeinsame Nachtessen mit Angelika und Peter im Santa Rita durch den spektakulären Sonnenuntergang noch mehr Emotionen.
Am nächsten Tag trennen sich unsere beiden Wege vorerst; immer mit dem Wissen, dass wir uns in Südamerika
wieder einmal über den „Weg fahren“ und ein paar schöne gemeinsame Stunden in netter Gesellschaft verbringen dürfen.
Die Weiterfahrt gegen Osten führt durch weite, grosse Ebenen Farmland, mehrere Hektaren gross und wenig bebaut. Sowohl saftig grüne wie auch staubtrockene Weideflächen für hunderte von Rindern. Das Eingangstor zu den Haziendas ist unterschiedlich einfach bis feudal gestaltet. Der Zustand der Häuschen eher armselig. Später erfahren wir, dass die Menschen in Uruguay nicht so viel Geld auf die äussere Gestaltung ihrer Häuser aufwenden. Sie investieren es in ihr tägliches Leben.
Die Lebensmittel im Supermarkt stellen wir fest, kosten teilweise fast genau so
viel wie zu Hause. Einen Liter Milch für CHF 1.25, Gemüse zwischen CHF 1.40-3.50 das Kilo, eine dünne helle Stange Brot CHF 1.00, ein Bier CHF 1.10. Selbst die Einheimischen finden es teuer! Nur
das Rindsfilet ist im Vergleich zur Schweiz günstig zu haben, das Kilo für 14.00 CHF!
Bei angenehm sonnigen Temperaturen erreichen wir östlich von Montevideo Atlantida. Gerade
richtig zur Apérozeit platzieren wir uns oberhalb der Sandklippe mit Blick auf den Atlantischen Ozean und geniessen hier eine ruhige Nacht.
Beim Morgenspaziergang am kilometerlangen Sandstrand stossen wir auf ein etwas seltsames Gebäude. Es ist el aguila, gestaltet wie ein Adlerkopf. 1945 vom Eigentümer Natalio Michelizzi unter dem Namen „Chimera“ in Auftrag gegeben, wurde es vom bekannten Künstler Juan Torres komplett in Handarbeit erbaut und sowohl innen und aussen gestaltet. Die Fenster des oberen Zimmers sind die „Augen“ des Adlers.
Legenden erzählen es sei ein Versteck für Schmuggler, andere meinen Michelizzi hätte dort ein Alchemilabor betrieben oder im zweiten Weltkrieg Nazimitgliedern Unterschlupf gewährt. Aber vielleicht war es ja nur das etwas spezielle Ferienhaus eines reichen Unternehmers, der die Abgeschiedenheit liebte! Niemand weiss genau, was seine ursprüngliche Absicht oder Verwendung war und so fesselt noch heute eine gewisse Mystik den Besucher.
Unser nächster Treffpunk ist das Paraiso Suizo von Heinz und Silvia. Wir überbringen persönliche Grüsse aus der Schweiz von Jeannine und Roland und treffen auf weitere Reisende, unterwes mit dem eigenen fahrbaren Appartement wie wir es sind. Es sind Erika und Ernst aus dem Baselland, Helen aus England, schon 12 Jahre reisend und wartend auf Ihre Freundin Kirstin und Elsbeth und Paul ebenfalls aus dem Baselbiet. Ebenso gibt es ein Wiedersehen mit unseren Frachtschiff-Freunden Regula, Jörg, Anke und Andreas. Alle geniessen die infrastrukturiellen Annehmlichkeiten im Paraiso. Es gibt einiges zu erzählen, zu berichten und zu organisieren. Wir kaufen sowohl in Supermercados wie auch in kleinen Tante Emmalädeli Lebensmittel, organisieren Gas, füllen Wasser auf, schreiben den ersten Reisebericht, sichten und formatieren Fotos und machen uns bereit für die Weiterreise.
Kleine, freche und etwas listige Sperlinge versuchen immer wieder ein paar Brosamen zu ergattern. Sie zögern nicht lange und ohne Aufforderung hüpfen sie neugierig auch mal in unsere
Behausung!
Das rauhe, winddurchpeitschte Meer lädt nicht ein zum Bade, es ist etwa 2 cm kalt! Aber zu stundenlangen Spaziergängen am feinen und fast
menschenleeren Sandstrand bestens geeignet. Ab und zu sichten wir in der Gischt eine einsame Seerobbe. Über unseren Köpfen ziehen Möven im Formationsflug Richtung Lagune. Ein Greifvogel versucht
aus luftiger Höhe einen Leckerbissen zu erspähen und ein kleiner Falk nutzt die Livegardhütte als Aussichtsplatform.
Der öffentliche Bus, ausgestattet mit free Wifi, bringt uns beide in Begleitung von Regula und Jörg komfortabel für einen Tagesausflug ins Zentrum von Montevideo. Wir erkunden getrennt zu Fuss die Altstadt, schlendern durch historische Gassen, wo junge Strassenmusiker ihre Lieder präsentieren, machen General Artigas auf und unter der Plaza Independencia die Aufwartung, bewundern die farbigen, kunstvollen Grafittys, besuchen eine mehrstöckige Bibliothek mit Bistro und genehmigen in der Nähe des Theatro Solis eine etwas grössere Zwischenverpflegung. Vor dem Mercado del Puerto verzaubert ein Tanzpaar mit ihrem stimmungsvollen argentinischen Tango die Besucher. Im inneren der alten, dämmrigen Markhalle dampfen die riesigen schräg angeordneten Holzkohlegrills. Die gut beleibten Grilleure braten auf den mit riesigen Fleischstücken belegten Rosten dem Kunden wunschgemäss sein ausgewähltes Stück Rindsfilet, Entercote oder sonst was à point, saignant oder ganz durch! Wer kann soviel Essen!
Wir werfen nochmals einen fernen Blick durch den Zaun des Frachtschiffhafens und werden uns bewusst, wie nah wir bei unserer Frachtschiff-Fahrt jeweils mitten im Hafen-Geschehen waren. Schon wieder liegt ein grosser RoRo-Frachter der Grimaldi-Line an der Mole!
Den Rückweg zum grossen Busbahnhof, erreichen wir über die Plaza de la Constitucion. Dort findet diesen Samstag im Freien ein Tango-Tanzabend statt. Ein älterer Herr mit Dame fungiert als DJ und hat seine in die Jahre gekommene Anlage mit Boxen installiert. Adrett gekleidete ältere Herren mit Hut führen gekonnt und mit viel corazon (Herz) die ebenfalls schön gekleideten Damen im Stil des argentinischen Tangos. Es ist sicher nicht nur die Musik die uns mit der einbrechenden Dämmerung und dem diffusen Licht der alten Strassenlaternen in den Bann zieht. Es ist der respektvolle Umgang der sowohl älteren und auch jüngeren Menschen miteinander, die unkomplizierte Aufforderung nach einem neuen Tanzpartner und die sichtbare und zufriedene Freude auf deren Gesichter beim Tango. Es herrscht eine besondere Stimmung, welche auch uns tief im Herz berührt.
Die Strassen in Montevideo und auch sonst in Städten Uruguays laufen entweder waagrecht oder senkrecht, sodass Mann/Frau sich gut zurechtfindet und
orientieren kann. Auch ohne Navi finden wir wieder an den Ausgangspunkt, in unserem Fall den Busbahnhof zurück. Zufrieden über den gut genutzten Tag erreichen wir das Paraiso bei Dunkelheit. Dort
warten bereits Ernst und Erika, die ebenfalls einen mehrtägigen Ausflug unternommen haben. Gegenseitig berichten wir uns bei einem Schlummertrunk das Erlebte.
Mit etwas Wehmut aber mit Vorfreude auf das Kommende verabschieden wir uns wiederum von den neuen Freunden. Über Land fahren wir auf einer Pistenstrasse ins Landesinnere zum Cerro Arequita, einer vulkanischen Erhebung von 230 Meter. Links und rechts der Pistenstrasse werden die grossflächig angebauten Eukalyptuswälder abgeholzt, auf riesige LKWs verladen und abtransportiert. In der Luft liegt der Duft des Eukalyptusholzes.
2 km entfernt am Rio Santa Lucia und am Fusse des Cerro de los Cuervos liegt die Lagune de los Cuervos mit einem kleinen Campingplatz, eingebettet in eine paradiesische Landschaft. Perfekt für uns dort eine Nacht zu verbringen. Der ältere Signor empfängt uns herzlich und als einzige Besucher geniessen wir hier einen stimmigen Abend. Die Cuervos (die schwarzen Rabengeier) kreisen weit oberhalb des Cerros, nutzen die warme Luft und schrauben sich immer weiter nach oben. Das Filet Mignon mit Kartoffelgratin aus der Bordküche und einen feinen Tropfen Roten munden hier natürlich hervorragend. Mit zunehmender Dämmerung hören wir aus der Lagune unbekannte Geräusche. Es sind die Frösche die hier ebenfalls eine andere Sprache sprechen: nicht quak quak sondern glögg glögg tönt es! So schlafen wir hervorragend den Schlaf der Gerechten.
Bei Sonnenschein erreichen wir am nächsten Tag Punta del Este: Das Miami von Uruguay. Sieht schon von weitem mondän, schick, gepflegt und teuer aus. Eine Skyline bestehend aus grossen weissen Wolkenkratzern, aufgereiht wie auf einer Perlenschnur, alle mit Blick auf den feinen Sandstrand. Die vornehmen Appartementhäuser mit stilvoll gestalteten Eingangspartien sind sehr ansprechend und einladend. Ein Zutritt jedoch nur für Berechtigte durch den Portier oder den Sicherheitsdienst möglich. Entlang den Avenidas warten die Boutiquen teurer bekannten Marken auf den grossen Ansturm. Aber es ist noch Nebensaison und die Kauffreudigen lassen auf sich warten!
Am Jachthafen fühlen wir uns sofort im Element. Vergleichen die teuren grossen und schnittigen Boote mit den kleineren und können uns nicht entscheiden, welche die Richtige für uns wäre. So genehmigen wir uns auf der sonnigen Terrasse, wie die Crème de la Crème, erst mal ein Bier und ein Glas Chardonay.
Wir fragen uns, wer sich das alles leisten kann, denn für die Einheimischen ist es hier sicher auch zu teuer. Man berichtet uns, dies wäre das Feriendomizil oder die Investitionsanlagen reicher Araber und Ölscheichs; gesehen haben wir keine.
Im Fischerhafen herrscht dafür ein gemächliches Treiben. Die Fischer haben ihren nächtlichen Fang bereits hereingebracht und bereiten sich auf den Nächsten vor. Ihre rotorange und weiss bemalten
kleinen Boote sind angeleint und schaukeln leicht hin und her. Es wird geschrubbt, gesäubert, gelacht und laut über den Fang diskutiert. Die vorbereiteten Fischköder, aufgespiesst auf
Hacken an langen dünnen Seilen werden akribisch genau auf einem runden Rad aufgereiht und festgeklemmt.
Grosse, dicke schwarze Seebbären schwimmen im Hafenbecken unter der Mole und erhoffen sich wie die Vielzahl an Seemöven einen Leckerbissen an herabfallendem Fischköder zu erhaschen. In den kleinen Fischläden beim Fischerhafen präsentieren sich uns ebenfalls feine Leckerbissen. Wir können natürlich nicht wiederstehen und kaufen uns erstklassigen Tintenfisch für einen Pulpo-Salat und drei fangfrische Fischfilet für die Küche à la maison. Auch die Schulklasse, grösstenteils Mädchen, gekleidet in ihren weissen „Scheuben mit schwarzer Schleife“ begleitet von Frau Lehrerin und Begleiterinnen machen einen Klassenausflug und erkunden den Hafen. Fröhlich und etwas scheu grüssen sie uns mit einem buenas tardes und eilen davon.
Das Fotosujet Nr. 1 für die meisten Touristen ist natürlich die Hand im Sand: im Sommer 1982 durch den chilenischen Künstler Mario Irrazabal anlässlich einer internationalen Open Air Tagung der modernen Skulptur geschaffen. Sie ist heute noch ein geographisches Wahrzeichen an der Parada 4 und wenn man Glück hat so wie wir, sie sich ohne Grafitys präsentiert.
So ist die Hand im Sand immer ein Foto wert. Wobei; kurzfristig für die brazilianischen Touristen wir mit unserem Duro mehr Aufsehen erregen und plötzlich zum Fotosujet Nr. 1 avensieren!!
In jedem Dorf/Stadt stehen sie an präsenter Stelle: die uruguayischen Outdoor-Fitness-Geräte in grün, blau oder gelb. Auch wir haben sie entdeckt und betätigen uns wacker noch vor dem Morgenessen an den Geräten! Insbesondere an jenen mit Meeresblick!
Die Fahrt auf der
Ruta 10 entlang der Küste bringt uns zur Laguna la Rocha. Am Leuchtturm machen wir vorerst Mittagsrast und geniessen unseren in Punta del Este gekauften feinen Pulpo-Salat bei einem kühlen Glas
Weisswein.
Die letzten 13 Kilometer schlechte, löchrig braune Erdpiste ist Duroland.
Ganz nahe der Piste grasen in den kleineren Lagunen Nutrias (Biberratten). Eine Vielzahl von Wasservögel auf Stelzenbeinen, mit langen Schnäbeln suchen nach einem Leckerbissen im grasigen Lagunenufer. Am Ende der Erdpiste stossen wir auf die Laguna la Rocha, so gross wie ein riesiger See. Die Strasse ist hier zu Ende. Der ruhige menschenleere Platz oberhalb der Lagune bestens für uns als Nachtplatz geeignet.
Trotz beissend bitterkaltem Wind lockt es uns noch vor dem Nachtessen auf Entdeckungsreise ans Meer und an die Lagune. Bei genügend hoher Flut vereinigt sich das Meer mit der Lagune dort wo die Sanddüne am tiefsten ist. Drei kleine Pinguine haben sich in die Lagune verirrt. Ob sie wohl den Ausgang ins Meer durch die starke Strömung wieder meistern? Wir hoffen es.
Am nächsten Tag fahren wir auf die andere Seite der Lagune, dort wo uns spontan eine Dame anspricht, uns in ihrem Uruguay willkommen heisst und sich freut mit uns englisch zu sprechen. Sie bestätigt, dass es hier sehr sicher ist und wir absolut keine Angst haben müssen. Sie umarmt uns, wünscht uns eine gute Reise und viel Freude in Ihrem Land. Auf der Weiterfahrt begegnen wir Alain, dem Franzosen ursprünglich aus Paris. Es stellt sich heraus, dass er beruflich in Würenlos und Uitikon Waldegg tätig war; Dörfer unweit von uns zu Hause entfernt. Ebenfalls viel gereist hat er bei einer netten und schönen Dame in Uruguay ein neues Zuhause gefunden.
Kurz vor der Lagune begegnen wir Daniele, er ist der Rancher des Naturparks. Er gibt uns gute Tips, informiert uns über eine vielfältige Tierwelt mit bis zu 220 Vogelarten, ermahnt uns kein Feuer zu machen und die Dünen nicht zu befahren. Ansonsten sei es sehr lindo und tranquillo (schön und ruhig), wir dürfen sogar über Nacht hier stehen bleiben. Das lassen wir uns nicht zweimal sagen und bleiben nochmals eine Nacht an der Lagune, diesmal auf der „anderen Seite wie gestern“ eingebettet und gut beschützt unterhalb einer schönen Sanddüne.
Eine kleine Wanderung lockt uns vor Sonnenuntergang an den langen menschenleeren Sandstrand. Wir lassen uns den Wind um die Ohren brausen. Versuchen die Sprache der Möven zu deuten, beobachten Kormorane beim Fischen, Austernfischer, Störche und andere Wasservögel bei ihren Tätigkeiten und Streifzügen. Ein stimmungsvoller Sonnenuntergang in den Farbtönen orange-rot rundet unseren Tag perfekt ab. In der Nacht kühlt es ab auf Null Grad; Zeus und der Wind- und Wettergott sind sich nicht einig wer das Sagen hat und lassen ein Inferno von Regen, Gewitter, Blitz und Donner los. Am Morgen wird das Spektakel mit einer halben Stunde Hagelkörner besiegelt.
Entlang der Küste zwischen La Pedrera und Punta del Diabolo, liegen kleine verschlafene Fischerdörfer. Ein ganz besonderer Spirit der Hippies prägt die Dörfchen. Im Sommer, erzählen uns die Einheimischen, beherbergen und bevölkern diese Örtchen ein Vielfaches an Touristen und Personen. Jetzt wirken diese Örtchen wie Geisterstädtchen. Besonders gefallen hat uns Punta del Diabolo mit den kleinen schiefen und bemalten Häuschen. Die meisten der kleinen Cafes, Restaurants und Lädeli sind noch geschlossen und bereiten sich vor für den grossen Run.
Der 3000 Hektar grosse Nationalpark Santa Teresa ist unser nächstes Ziel. Zwischen August und November kommen Jahr für Jahr, lesen wir in unserem Reiseführer, aus der Familie der Glattwale die Südkapper an die Küste Uruguays. Besonders nah sollen sie sich von diesem Nationalpark aus sehen lassen. Leider haben wir kein Glück, die Einzigen die wir in der kühlen Brandung sichten, sind ein paar verrückte Surfer, auf der Suche nach der grossen Welle.
Trotzdem ist der grüne NP Santa Teresa mit den vielen verschiedenen grossen Bäumen ein Eldorado der Vogel- und Pflanzenwelt und allemal einen Besuch wert. Über 50 km lange Wege laden ein zu Spaziergängen oder Rundfahrten mit dem Auto. Strände mit unterschiedlichem Charakter präsentieren sich von sandig fein bis felsig karg oder als Dünen geformte Erhebungen. Die Buntspechte erblicken uns neugierig aus nächster Nähe; oder ist es umgekehrt?
Auch die kleinen grünen Papageien, unsere Lieblinge sind hier in einer Vielzahl anzutreffen. Sie
schnäderen, schnörelen und chirichäsperle den ganzen Tag. Was die wohl immer zu bereden haben? Emsig besuchen sie
einander in ihren Mehrfamiliennestern, suchen gemeinsam nach kostbarer Nahrung oder lecken am Morgen die Tautropfen von den grünen Gräsern.
Den Abend lassen wir bei einem Grillfeuerchen ausklingen. Die rote Glut brät unsere gut
gewürzten, marinierten Steaks aussen schön knusprig braun, innen saftig zart, gerade richtig. Begleitet von Gemüsebeilagen und einem feinen Tropfen Cabernet Sauvignon ein
Gedicht.
Der Nationalpark hat auch eine historische Bedeutung. Auf einer Anhöhe befindet sich die alte Festung: Fortaleza de Santa Teresa im 18. Jahrhundert von den Portugiesen erbaut und noch gut erhalten, öffnet sie genau heute für uns die Tore.
Wir verlassen den Küstenweg und fahren über Trenta y Tres Richtung Melo ins Landesinnere durch „Caucholand“. Das Transportmittel der Cauchos ist das Pferd. Den breitrandigen Lederhut tief ins Gesicht gezogen, leiten sie gekonnt ihre meist braun gefärbten Hengste behände übers Land. Weite Hosenbeine in schlanken hohen Lederstiefeln zeichnen das Outfit der älteren Garde. Ein Lächeln und ein Gruss, mit der Hand an den Hutrand tippend und schon ziehen sie weiter.
Immer wieder
verändert sich das Landschaftsbild. Saftig grüne Flächen mit Flüsschen und Lagunen ist das Lebenselexier der Wasservögel. Auch Pferde und Rinder stehen manchmal bauchtief im kühlen Nass und
mapfen vom nassen, feinen Grünzeug. Links und rechts der gut fahrbaren Piste weiden auf riesigen Hektar grossen Weiden, für uns unvorstellbar gross, die schwarz-weissen Rinder der Estanzias die
Mutter-Kuh-Haltung betreiben. Ab und zu sichten wir ein kleines Grüppchen Nandus (die kleinere Ausgabe des Vogel Strauss), die aufgeregt davon rennen, denn so einen grossen orange-weissen Vogel
haben sie noch nie gesehn! Eine grosse Anzahl Kühe kommt uns entgegen. Alle laufen gemächlich wie auf Kommando in eine Richtung. Aha, es ist Zeit für die Milch-Abgabe. Koordiniert laufen sie in
Einerreihe durch einen Holzgatterkorridor in den Stall, wo die Wiesendamen gemolken werden. Alsdann sie nach getaner Arbeit durch den Hinterausgang wieder ins Freie finden. Mehrere Kälbchen,
sicher deren 20 warten ausserhalb des Stalls auf ihre Mahlzeit. Die weissen dicken und wolligen Schafe mit ihren „Mutschligrindli“ sehen von weitem in der grünen Landschaft wie weisse
Wattebällchen aus. Jene die bereits ihre Wolle abgegeben haben, tragen ein Mäntelchen um den Bauch. Wahrscheinlich, damit sie sich bei dem vielen Regenwetter und den tieferen Temperaturen nicht
erkälten!
Die letzten 20 km schlängelt sich die Piste über kleine Brückchen rauf und runter. Gegen Abend erreichen wir den Nationalpark Quebrada de los Quervos.
Ein 4000 ha grosses Naturschutzgebiet, das Bedeutendste und Älteste des Landes. Eine Artenreiche Tierwelt, 20 verschiedene Farnarten, Bäume, Sträucher, 100 verschieden Vögel; darunter die Cuervos (Rabengeier), seltene Schlangen und Säugetiere wie Carpinchos, Gürteltiere, Nutrias, Fledermäuse erwarten den Besucher. So steht es in unserer Brochure. Wir sind vorwiegend wegen dem ruhigen Ambiente, der Schluchtenwanderung und den Quervos hier.
Eine 2 stündige
gut ausgeschilderte Rundwanderung führt uns in die Schlucht und wieder rauf. Die Cuervos nutzen den warmen Aufwind und zeigen uns ihre Flugmanöver mal aus nächster Nähe mal aus riesiger
Entfernung. Gegenseitig beäugen wir uns!
Ein belgisches Pärchen, Aurelie und Nigel mit ihren 3 kleinen Kindern, in ihrem Land Rover mit Dachzelt geniessen ebenfalls den wunderbar sonnigen Tag. Ich kann wieder einmal meine Französich-Kenntnisse praktizieren und so unterhalten wir zwei Frauen uns ganz kurzweilig und angeregt über dies und das.
Ruhig, idyllisch und erholsam ist es hier. Gerade richtig um mal wieder Büroarbeiten zu erledigen. Ja, auch wir Reisende werden davon nicht verschont. Aber draussen im Freien an so einem schönen Nachmittag wie heute geht alles flott und speditiv von der Hand! Nur ab und zu werden wir abgelenkt. Zwei kleine Vögel mit weisser Brust und knall roter Punkfrisur erwarten hier wohl den grossen Apero oder Grillabend. Mit gestellter Brust und neugierig, fragendem Blick checken sie die Lage. Aber leider müssen sie vorerst mit den paar Brosamen vom letzten Fest vorlieb nehmen! Und was hämmert denn dort im Badehäuschen? Es sind zwei Buntspechte, die sich im Spiegel des open-air-badezimmers auf einmal zu viert sehen. Aufgeregt hämmert das Männchen mit dem Schnabel auf sein Gegenüber und fragt sich wohl warum sein Spiegelbild immer das gleiche wie er macht!
Hui, und jetzt kommen sogar noch die Quervos. Ganz nah kreisen sie schon über uns. Ganz Freche
oder Wagemutige landen auf dem Schornstein des Grillhäuschens. Es lockt wohl der Duft unseres fein gebratenen etwas verspäteten Mittagessens und das eventuell übrigbleibende Fleisch am Knochen.
Aber wir müssen sie enttäuschen, unser Filet hat keinen Knochen!! Und so fliegen sie alsbald wieder ihre Kreise ziehend von dannen Richtung Schlucht wo sie hergekommen sind.
Der Wind wird zunehmend stärker und frischt auf. Selbst die kleinen grünen Papageien haben ihre liebe Mühe, die angeschleppten Stöckchen für ihren Nestbau in die oberen Etagen zu fliegen. Bei dem starken Wind kommen sie kaum vom Fleck und wir haben fast etwas Mitleid. Langsam versinkt die Sonne hinter der Schlucht, der Himmel verfärbt sich und es wird Nacht. Sternenklar, der Mond gut sichtbar, ausser dem Geräusch des Windes nichts zu hören, schlafen wir wunderbar, bis morgen früh uns das Gezwitscher der Vögel wieder weckt.
Es wird Zeit
unsere Weiterreise zu planen. Ein neues Land lockt uns. Der Süden von Brasilien steht auf dem Wunschzettel.
Am letzten Tag vor unserer Ausreise gibt‘s
noch eine kleine Überraschung. Das Internet-Lokalradio la voz de melo entdeckt uns. Silvia Techera bittet ganz spontan um ein Interview, fragt nach dem wie, warum, woher, usw und
sofort. Schon wird das Ganze mit dem Handy aufgezeichnet und ist Minuten später auf Frequenz 1340 AM zu hören. Dies natürlich alles auf Spanisch; war echt eine lustige Erfahrung und ich habe
diese anscheinend mit Bravour gemeistert. Meine Spanisch-Lehrerin Martha wäre stolz auf mich und Benno ist es ebenso. Anke und Andreas, unsere Frachtschiffbekannten welche wir zufällig und
überraschend am Vorabend im Parc municipal in Melo antreffen und zusammen die Nacht verbringen, sind ebenso perplex ob meinen sprachlichen Fähigkeiten! Wie ich selber
auch!
Uruguay ist ein Land mit unwahrscheinlich netten, spontanen Menschen. Überall werden wir willkommen geheissen, die Menschen haben Zeit für einen Schwatz, sie freuen sich, dass wir ihr Land besuchen, versichern uns der Stellplatz für die Übernachtung ist sicher, fragen nach dem woher wohin, wir tauschen Neuigkeiten und Nettigkeiten, einige umarmen uns bevor sie uns eine gute Weiterreise wünschen. Wir fühlen uns sicher, erfreuen uns an der Natur und der anderen Vogelwelt als zu Hause. Geniessen das freie Leben, erkunden die schönen, kleinen, scharmanten Küstenstädchen und kilometerlange feine Sandstrände und Nationalparks zu Fuss.
Für uns ein gelungener Start auf dem südamerikanischen Kontinent!
Ihr seht es geht uns prächtig und wir fühlen uns rundum wohl.
In Rio Branco fahren wir über die Grenze nach Brasilien. Die Zollformalitäten erfolgen wieder erwarten rasch und zügig und wir sind frei weiterzureisen. Viel Regen hat vor allem die ungeteerten Strassen in matschige, seifige Pisten verwandelt. Und so eine caramelfarbige Erdpiste fahren wir natürlich gleich zu Beginn. Mein privater Chauffeur und der Duro meistern dies vorbildlich und so gelangen wir noch vor Dunkelheit nach nach Santa Isabel do Sul. Müde übernachten wir einfach auf dem Dorfplatz bei der Kirche. Die Bewohner sind besorgt und erkundigen sich ob alles tuto bem ist und ja selbstverständlich dürfen wir hier nächtigen. Ob der Weg von hier nach Sarandi durchgehend ist, hat man verneint. Oje müssen wir wirklich die langen 20 km wieder zurück, das fängt ja gut an denken wir. So gibt es nur eines: darüber schlafen; morgen ist ein neuer Tag mit einer neuen Chance. Aber wie es weitergeht erzählen wir in unserem nächsten Bericht. Vorweg nur soviel; in Brasilien scheint vieles möglich und kleinere oder grössere Überraschungen gehören dort zum Alltag.
Also hasta luego, hebe‘ts guet ond gnüsses wie mer s’Läbe.